Rückblick - Katholikentag Leipzig 2016

Ich teile, also bin ich

2016 war Martinsjahr. Im Blick auf ihren Patron stellte die Diözese Rottenburg-Stuttgart das Thema "Teilen" in seiner ganzen Vielfalt in den Mittelpunkt auch des Standes auf der Kirchenmeile.

Vor einer großflächigen Graffiti-Reproduktion von Da Vincis "Letztem Abendmahl" konnten die Besucher an einer langen Tafel Platz nehmen. Im Gespräch teilten sie Zeit und Doppelwecken. Eine Fotobox hielt die Erinnerung im Bild fest - analog als Sofortausdruck und digital im Internet. Wie darüber hinaus im katholischen Württemberg geteilt wird, zeigten sieben Kurzfilme zu den Werken der Barmherzigkeit. Jeder Film endete mit einem Segenswunsch, der sich auch als Segensbändchen weitergeben ließ.

Seht, da ist der Mensch - Eindrücke vom Leipziger Katholikentag

Gut vier Prozent der Einwohner sind katholisch, etwa 15 Prozent der Leipziger bekennen sich zum christlichen Glauben. Unter die Bevölkerung der sächsischen Großstadt mischten sich fünf Tage lang die Besucherinnen und Besucher des Katholikentages, darunter viele Menschen, die in der Diözese Rottenburg-Stuttgart zu Hause sind.

Online- und Video-Redaktion, Kirche im Privatfunk und Pressestelle berichten in bewegten Bildern, Tonaufzeichnungen und Schnappschüssen auf dieser Seite über die die einzigartige Atmosphäre des großen Jubiläums-Glaubensfestes - auch für Daheimgebliebene.

Kirche bei den Menschen - Veranstaltungen auf dem Leipziger Katholikentag

Der große Europäer Martin - in Ungarn geboren und in Frankreich zum Bischof gewählt - verbindet ganz unterschiedliche Menschen. Diese bunte Vielfalt katholischen Christseins spiegelte sich auch im Programm des 100. Deutschen Katholikentags wieder. Bischof Gebhard Fürst und andere Vertreter der Diözese waren auf Podien und in Diskussionsforen mit ihren Meinungen vertreten. Musikgruppen, Ordensgemeinschaften, caritative Einrichtungen und viele engagierte Gruppen aus  der Diözese Rottenburg-Stuttgart bereicherten mit unzähligen Angebote das Programm. Einige Veranstaltungen sind hier stellvertretend dokumentiert.

Podium: Pastorales Neuland entdecken

Ob XS- oder XXL-Pfarrei - zuerst die Sorge um den Menschen

28. Mai 2016

"Jedes Bistum ist dabei, das Rad neu zu erfinden", stellte Moderator Klaus Nientiedt beim Podium der Konferenz der Diözesanräte Mitte-Südwest fest. Trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen ist die Fragestellung überall dieselbe: Wie kommt die Kirche wieder näher zu den Menschen? Können XXL-Gemeinden wirklich die Lösung sein?

Anstatt eine Gesamtlösung für die alten Strukturen zu suchen, empfahl Markus Konkolewski, Leiter der Bereiche Kommunikation, Steuerung und Organisationsentwicklung des Bistums Magdeburg, die Umsetzung überschaubarer Projekte, "die Lust machen". Ingeborg Schillai, Präsidentin der Diözesanversammlung im Bistum Limburg, setzt auf das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen und deren Begabungen. Christen müssten dahin gehen, wo Menschen etwas von der Kirche brauchten, in die Schule, ins Krankenhaus – anstatt in der Kirche auf die Leute zu warten. Damit traf sie sich mit dem Ansatz von Domkapitular Matthäus Karrers. "Es braucht eine Haltung, den veränderten Lebensverhältnissen der Menschen gerecht zu werden", betont der Leiter der Hauptabteilung Pastorale Konzeption im Rottenburger Ordinariat.

Hubertus Schönemann provozierte ein verändertes Gemeinde- und Amtsverständnis. "Priestermangel haben wir nur in einem bestimmten Verständnis von Kirche und Priesteramt. Eine Gemeinde kann groß sein, wenn sich nicht alle kennen müssen, sondern wenn kleine Gemeinschaften in der Gemeinde den Glauben leben", erläuterte der Leiter der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral in Erfurt. Was in den letzten Jahrzehnten deckungsgleich geworden sei, müsse wieder getrennt und neu gedacht werden: die territoriale "Pfarrei" und die aus Beziehungen bestehende "Gemeinde". Große Einheiten haben laut Schönemann durchaus Vorteile, denn sie bieten "die Chance, auf unterschiedliche Lebenswirklichkeiten zu reagieren." Als Beispiel nannte er Aachen, wo sich innerhalb einer Gemeinde verschiedene milieugerechte Personalgemeinden entwickeln. Dem Publikum lag dabei besonders die ökumenische Ausrichtung am Herzen. - Cäcilia Branz

Werkstatt: Kirche am Ort, Kirche an vielen Orten gestalten

Lokale Kirchenentwicklung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

27. Mai 2016

Im Leibniz-Saal des Kongresszentrums stellten Dr. Johannes Warmbrunn, Sprecher des Diözesanrates und Domkapitular Matthäus Karrer zusammen mit Dr. Christiane Bundschuh-Schramm die Kernpunkte des diözesanen Entwicklungsprozesses Kirche am Ort - Kirche an vielen Orten gestalten vor. Bereits eine halbe Stunde vor Beginn war der Raum heillos überfüllt mit Menschen aus allen Teilen Deutschlands. Das Interesse am Thema Kirchenentwicklung war auf dem Katholikentag groß und das wurde auch in diesem Workshop deutlich. Im Unterschied zu Vortrags-und Diskussionsveranstaltungen bieten Werkstätten allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine aktive Mitgestaltung an.

Nach einer kurzen Einführung in die Besonderheiten des Rottenburger Entwicklungswegs waren die Anwesenden aufgefordert zu notieren, was sie persönlich brauchen um aufzubrechen. In den Beiträgen wurde deutlich, wie groß das Bedürfnis nach Transparenz und klaren Zielbeschreibungen quer durch die Republik ist. Christiane Bundschuh-Schramm sprach von der "Kirche, die uns locken will" und skizzierte den Entwicklungsweg als Aufbruch vom vertrauten sicheren Ufer über den Fluß der Veränderung zum neuen Ufer, an dem Gott selber schon auf uns wartet. Anhand der Prozessmaterialien "Wie wir Kirche sehen" konnten die Teilnehmenden ihre Vorstellungen der Kirche des neuen Ufers beschreiben. Identität und Vernetzung waren wiederkehrende Begriffe, die mit Beschreibungen wie "wirkliche Begegnung findet statt" oder "in Bewegung bleiben" näher identifiziert wurden.

Für Domkapitular Karrer geht es im gesamten Prozess um die "Wozu-Frage" von Kirche. Damit stellte er die Inhalte eindeutig vor die Strukturen. Dr. Warmbrunn unterstrich die Bedeutung der lokalen Entwicklung und den Blickwechsel auf die Lebenswirklichkeiten der Menschen, in denen sich Evangelium genauso ereigne wie in den gewohnten Gleisen. Im Anschluss war genügend Zeit, um nachzufragen und eigene Erfahrungen von Kirchenentwicklung einzubringen. Für alle ermutigend ist das Vertrauen auf Gott, der alle diese Wege nicht nur mitgeht, sondern sich bereits im Erkunden des Neuen zeigt. - Wolfgang Müller

Podium: Hoffnungsträger, nicht Lückenbüßer

Ehrenamtlich Engagierte bewegen die Kirche

 27. Mai 2016

"Wer von Ihnen engagiert sich im Ehrenamt?", fragt Jörg Kohr von der Hauptabteilung Pastorale Konzeption als Moderator ins Publikum. Fast alle Hände schnellen nach oben. Wenn er eine neue Sicht aufs Ehrenamt nicht aus Mangel an Hauptamtlichen, sondern wegen der Fülle der Charismen fordert, spricht Bernd Jochen Hilberath den Männern, Frauen und Jugendlichen aus dem Herzen. Der emeritierte Professor für Dogmatik in Tübingen sieht in jedem getauften Menschen eine Mission. Erst in zweiter Linie gebe es ehrenamtliche Aufgaben mit Auftrag und Anerkennung und solche, die dem besonderen Amt zustehen.

Um das grundsätzliche Miteinander von Klerikern und Laien in der Kirche zu fördern, hält Bischof Gebhard Fürst einen Mentalitätswechsel für notwendig. "Wir müssen weg von Servicekirche und Konsumkirche hin zu einem gemeinsamen Engagement", betont er und räumt aber ein, dass die praktische Umsetzung schwierig sei. Der Bischof beobachtet häufig ein Schrebergartendenken mit Zäunen. Aus dem Publikum kam  die Frage, was passiere, wenn bei einem Wechsel im Pastoralteam bewährte Aufgaben wie das Leiten von Wortgottesfeiern abgeschafft werden sollen. "Jemanden, den ich beauftragt habe, kann der Pfarrer nicht entlassen", nimmt er die Ehrenamtlichen unmissverständlich in Schutz.

Diözesanratssprecher Johannes Warmbrunn warb darum, Kompetenzen und Verantwortung zu teilen. Wer bereit sei zu delegieren und viele Menschen einzubeziehen, lebe gesünder, versicherte der promovierte Arzt. Wenn sich jeder mit dem einbringe, wovon er selbst begeistert sei, stecke die Begeisterung an. Wichtig ist es aus seiner Sicht, dass Glaubensfeier und -verkündigung wieder anschlussfähig werden für heutige Menschen. Viele Beispiele aus der Diözese Rottenburg-Stuttgarter ergänzte die Osnabrücker Seelsorgeamtsleisterin Daniela Engelhard mit den dortigen Überlegungen. Für den musikalischen Schwung sorgte "Die Bämd" aus Limburg. - Markus Waggershauser

Bibelwerkstatt: Wie Jesus beten lehrte

Das Vaterunser

26. Mai 2016

"Manchmal überlege ich mir nach dem Frühstück: Welches Hemd hat mein Mann heute an", erzählt Barbara Janz-Spaeth. Wenn sie sich nicht erinnern könne, sei sie nicht ganz da gewesen. Das Thema der Referentin für Bibelpastoral in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der Runde aus Religionspädagogen und Menschen mit nichtkirchlichen Berufen ist das Gebet. Wie komme ich als jemand, der ganz da ist, ins Gespräch mit Gott, der sich als der "Ich bin da" dem Mose vorgestellt hat?

Nach Wahrnehmungsübungen konkretisiert sich das Beten am Vaterunser. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fragen sich, wieso Gott Menschen in Verführung führen sollte. Vielleicht führt er auch in der Versuchung. Oder sie schildern ihre Schweirigkeit, den Willen Gottes im eigenen Leben geschehen zu lassen. Endgültige Antworten gibt es nicht, aber viele Denkanstöße der Referentin und der Gruppe. Schließlich erläutert Janz-Spaeth, dass der Evangelist Lukas sieben Bitten aus der reichen jüdischen Tradition als Gebet Jesu überliefert, die damals für die Menschen am drängendsten waren. Mit der "Hausaufgabe", welche Bitten das heute wären, entlässt sie die Runde. - Markus Waggershauser

Märtyrer für Gerechtigkeit - Kirche an der Seite der Armen

Prophetische Kirche heute nach dem Vorbild Oscar Romeros

26.05.2016

Auf dem 100. Katholikentag 2016 in Leipzig gab es dazu eine Podiumsdiskussion u.a. mit Wolfgang Hermann, Betriebsseelsorger in der Diözese. Im Interview erzählt er uns, was ihn an Erbischof Oscar Arnulfo Romero inspiriert.